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Der Bernauer „Waldkater“ öffnete gestern letztmalig seine Türen

Vielen Dank und alles Gute

Nachrichten aus Deutschland und der Welt (Testbetrieb)

Bernau (Barnim): Ich kann mir nur schwer vorstellen wie es ist, wenn man nach fast 38 langen Jahren sein Geschäft schließt und weiß, dass hier kein Gast mehr durch die 125 Jahre alte Eingangstür kommen wird.

Als ich gestern Nachmittag kurz bei Jürgen und Hanna Grahl im Bernauer Waldkater vorbeischaute, waren die letzten Gäste gerade dabei aufzubrechen und nur kurze Zeit später wurde die alte Eingangstür an der Wandlitzer Chaussee für immer geschlossen. Vermutlich mit einer großen Portion Wehmut. 

Die Betreiber Dr. Hanna Grahl und Jürgen Grahl (80 und 79 Jahre) haben das über 125-jährige Haus seit Ende 1981 geführt und sich nun in ihren wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. Hierfür wünschen wir alles erdenklich Gute und danken für fast 38 Jahre Bernauer Gastronomie.

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Ein kleiner Rückblick

Bernau hatte im Jahre 1893 etwa 8.000 Einwohner als der Berliner Max Klee Bernau für sich entdeckte und beschloss, sich hier gastronomisch niederzulassen. Wenngleich Bernau bereits damals über etwa 32 Gast-, Schank- und Speisewirtschaften verfügte, setzte Klee alles daran das Grundstück am heutigen Standort käuflich zu erwerben. Nach zähen Verhandlungen mit der Stadt, wurde der Kaufvertrag am 16. Juli 1893 unterschrieben. Für 7.500 Mark erwarb Klee das Grundstück mit einem alten Gebäude und das Recht hier gastronomisch tätig zu werden.

Waldkater zur Jahrhundertwende
Mit freundlicher Genehmigung der Familie Grahl

Während in einer Bretterbude vor dem Grundstück Bier, Brause und Zigaretten verkauft wurden, begannen die Bauarbeiten am Haus. Es entstanden in kurzer Zeit ein Wohnhaus mit Restauration und ein großer Saal.

Vor dem Haus befand sich ein Biergarten, hinter dem Haus gab es Tiergehege, einen Kinderspielplatz und Pavillons. Bedient wurde nur an Sonn- und Feiertagen und zu besonderen Anlässen, in der Woche war Selbstbedienung. Mittwochs gab es Tanz für die Jugend und am Sonntag für die reifere Jugend. So manches Pärchen lernte sich hier kennen und schloss den Bund für’s Leben. 1915 wurde Max Klee durch den Hufschlag eines Pferdes so schwer verletzt, dass er kurz darauf starb.

Der zweit-geborene Sohn Paul hatte Koch gelernt. Er übernahm mit gerade 20 Jahren das Geschäft und führte es bis zu seinem Tode. Am 11. Juni 1945 starb Paul Klee an den Folgen eines Lungendurchschusses.

Die Witwe verpachtete das Restaurant und verkaufte es 1954. 1958 übernahm die staatliche Handelsorganisation (HO) die Gaststätte. 1977/78 wurden Haus und Gaststätte saniert. Dann öffnete der Waldkater wieder, aber nur 20 Monate. Nach einem Jahr Schließung erwarb Familie Grahl nun Haus und Hof.

An einem trüben 8. Januar im Jahre 1982 eröffnete Jürgen Grahl, Küchenmeister und Absolvent der Hotelfachschule, mit wenigen Gästen aber trotzdem optimistisch und voller Ideen den Waldkater wieder, der schnell zu einem Anziehungspunkt im Norden Berlins wurde.

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Während Hanna Grahl anfangs noch ihrem eigentlichen Beruf in Ost-Berlin nachging, kümmerte sich Jürgen Grahl um seinen neu erworbenen gastronomischen Betrieb. Nach einigen Um- und Ausbauten wollte man sich gastronomisch weiterentwickeln und begeisterte seine Gäste mit „asiatischen Abenden“, die großen Anklang fanden und für ein stets volles Haus sorgten.

Nach der Wende musste einiges auf den westlichen Stand gebracht werden. Es galten neue Verordnungen, Edelstahl sollte nun die Küche zieren, ein Dachneubau stand an und die Plastikmöbel der Terrasse wichen Gartenmöbel aus Metall.

Mit neuen und ausgefallenen Ideen wollte man auf sich aufmerksam machen und ließ sich allerhand einfallen. So gab es flotte Werbesprüche oder ab 1996 eine Speisekarte in Form einer Zeitung. Zum normalen Gastrobetrieb im Waldkater begann man 1997 damit, Catering anzubieten. Bis heute ein sicherlich wichtiger Bestandteil des Waldkaters.

Im März 1998 übernahm die Familie Grahl die Bernauer Stadthalle und führte diese bis 2017.

Neben der Gastronomie widmete sich Hanna Grahl der Kunst. So gab es im Waldkater zahlreiche Ausstellungen, Lesungen oder kleinere Konzerte. Über 200 Ausstellungen wurden seit 1982 gestaltet. Bekannte Künstler wie A. Mohr, W. Klemke, H. Metzkes, M. Butzmann, H. Vent, W. Womacka wechselten mit noch unbekannten jungen Künstlern, so dass die „Waldkater-Galerie“ über die Jahre zu einer festen Tradition des Hauses wurde.

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In den letzten Jahren kehrte man wieder zur deutschen und gutbürgerlichen Küche zurück. Geöffnet war dann meist nur an den Wochenenden.

Wie es mit dem „Waldkater“ weitergeht, wissen wir noch nicht. Das Objekt soll verkauft werden und ob der neue Eigentümer es unter dem Namen „Waldkater“ weiter führen wird bleibt offen. So oder so werden sicher auch in Zukunft zahlreiche herrenlose Katzen das Gelände als ihre Heimat auswählen. Denn durch sie hat die Gaststätte einst den Namen „Waldkater“ bekommen.

Eigentlich gäbe es hier noch viel, viel mehr zu schreiben und zu erzählen. Nur können dies andere besser als wir. So etwa Dr. Hannah Grahl. Sie hat in einem tollen Buch die (familiäre) Geschichte des Waldkaters festgehalten. Unter dem Titel „(M)ein halbes Leben für die Katz“ ist es mit vielen tollen Bildern beim Kulturbildverlag Markus Hoeft erhältlich. Oder hier bei Amazon: https://www.amazon.de/ein-halbes-Leben-f%C3%BCr-Katz/dp/3933300053

Wir wünschen Familie Grahl alles erdenklich Gute und eine schöne und erholsame Zeit nach dem Waldkater. Danke. 

Mit Infos des Waldkater und des Buches „(M)ein halbes Leben für die Katz“.

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