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8 Wochen Flüchtlinge in Bernau – wir haben noch einmal vorbei geschaut

Nachrichten aus Deutschland und der Welt (Testbetrieb)
Flüchtlinge in BernauBernau: Seit knapp 8 Wochen leben etwa 300 Flüchtlinge in Bernau. Wir hatten damals ihre Ankunft begleitet und wollten nun, einige Wochen später, wissen wie es ihnen geht und was sie so da „draussen“ tun. Zu diesem Zweck hatten wir uns am gestrigen Abend in der ehemaligen Waldarbeiterschule mit Ahmad und anderen zusammen gesetzt. Empfangen wurden wir in einem 16qm grossen Zimmer, in welchem 2 Personen leben und wohnen.
 
Da mein arabisch nicht wirklich auf dem neuesten Stand ist, war ich ganz froh, dass es Ahmad gab. Ahmad ist 23 Jahre und spricht mittlerweile ziemlich gut Deutsch und perfekt Englisch. Eine gute Grundlage für ein etwa 2-stündiges Gespräch, welches ich hier in Kurzform wiedergeben möchte.
 
Ahmad kommt aus der syrischen Stadt Latakia, eine etwa 1 Million Einwohner grosse Hafenstadt direkt am Mittelmeer. Leider auch ein Schauplatz des syrischen Bürgerkriegs, der von Aufständischen und terroristischen Organisationen gegen Präsident Baschar al-Assad und dessen Regierung geführt wird. Bei mehreren Demonstrationen wurden hier Protestierende erschossen.
 
Ahmad studierte in Syrien englische Literatur bevor die politische Lage ihn zwang, das Land zu verlassen. Für ihn gab es in Syrien ganze 2 Optionen: Er kämpft für die ISIS oder er entscheidet sich für die Regierungsarmee Assad´s, die wahllos tausende Menschen und Systemkritiker umbrachte. Für Ahmad und den vielen anderen keine möglichen Optionen um unter Zwang zu kämpfen. Da Frauen nicht zum kämpfen gezwungen werden, gibt es für sie in Syrien „sichere“ Gebiete, in denen sie sich relativ geschützt aufhalten können.
 
Also entschloss er sich, mit vielen anderen, sich auf dem Weg nach Deutschland zu machen. Mit seinen 2 Brüdern verkaufte er alles an Hab und Gut um sich so seine lange Reise zu finanzieren. Auf Grund der Gefährlichkeit dieser mitunter wochenlangen Reisen werden Kinder und Frauen meist zu Hause gelassen um sie später auf komfortablerem Wege nachzuholen.
 
Und dann stand er irgendwann im November vor einer ehemaligen Waldarbeiterschule in einem bis dahin nie gekannten Bernau bei Berlin. Ich kann mich an diesem Tag noch gut erinnern. Denn Ahmad fragte mich an diesem Tag wo sich was in der Umgebung befindet und wie welches Handynetz hier am besten funktionieren würde. Auf Grund seiner sehr guten Englischkenntnisse fungierte er zudem als Dolmetscher für die Heimleitung, die an diesem Tag etwa 100 auf den Tag verteilte Flüchtlinge in Bernau aufnahm.
 
Mittlerweile sind 8 Wochen vergangen. Ahmad hat sich in dieser Zeit sogar ein wenig eingelebt. Auch wenn die „Herberge“ alles andere als schön, privat oder familiär ist, will er sich nicht beschweren. Im Gegenteil – er ist unheimlich dankbar, dass er hier so aufgenommen wurde und nun leben kann. Er besucht bisher einen Deutschkurs und hat inzwischen eine Aufenthaltserlaubnis für 3,5 Jahre erhalten. Mit dieser kann er in Deutschland arbeiten oder sich z.B. einen eigene Wohnung suchen. Doch bevor es soweit ist, steht für Ihn unsere Sprache erst einmal im Mittelpunkt. Anschliessend will er eine Ausbildung oder ein Studium beginnen.
 
Neben dem Deutschkurs, den auch fast alle anderen Flüchtlinge besuchen, versuchen die Bewohner in Waldfrieden mit Hilfe unser deutsches System zu erkunden, kümmern sich um die Außenanlagen und um kleinere Reparaturen im Heim selbst. Stolz sind sie auch auf die zahlreichen Fahrräder, die sie bisher reparieren konnten.
 
Ansonsten gestaltet sich der Alltag da „draussen“ leider ziemlich eintönig. Daher wünschen sich viele der Flüchtlinge vor allem eine bessere Integration oder Eingliederung in unsere Gemeinschaft. Vor allem aber: Ein wenig Anerkennung ohne Fremdenhass oder Ängste der Bernauer. Auch sie lesen u.a. bei Facebook mit.
 
Sie können zwar verstehen, dass sich viele Deutsche Sorgen machen, aber durch Meidung der Flüchtlinge würden diese nicht besser werden. Sie können auch verstehen, dass Vorfälle wie in Köln, von denen sie sich absolut distanzieren, nicht wirklich zur „Völkerfreundschaft“ beitragen.
 
Kraft und Hoffnung gibt Ihnen der Glaube an eine Demokratie und und die Chance, hier in Deutschland seine Träume leben zu können. Aber auch viele Menschen aus Bernau, die sich sehr für die Flüchtlinge einsetzen und in der Lage sind zu zeigen, dass diese hier willkommen sind. Da gibt es jene, die einfach vorbeikommen um Spielzeug für die Kinder abzugeben, Leute, die gemeinsam mit den Flüchtlingen kochen oder auch nur aus Neugier in Waldfrieden vorbei schauen.
 
Für all diese Gesten und Momente sind die Flüchtlinge in Bernau unheimlich dankbar und glücklich, dass sie so etwas in Deutschland erfahren dürfen und hier in Bernau sein können. Gleichzeitig erinnert Ahmad mich daran, unbedingt noch einmal zu erwähnen, dass jeder Bernauer wirklich gern und herzlich willkommen ist und alle sich sehr über Besuch von „Nachbarn“ freuen.
 
Er selbst hat hier in Bernau noch nie schlechte Erfahrungen gemacht und ist der Meinung, dass er sich seinem Gastgeberland anpassen müsse und alles tun werde, sich hier bestmöglich zu integrieren. Für sich selber und als junger Mensch mit westlicher Orientierung hat er mit Syrien abgeschlossen. Einige seiner Mitbewohner, gerade die mit traditionellem islamischen Glauben, wollen nach einiger Zeit wieder zurück in ihr Land.
Nach gut 2 Stunden und noch vielen weiteren spannenden Informationen um Land und Leute habe ich mich verabschiedet und versprochen, in einigen Wochen und zwischendurch noch einmal vorbei zu schauen.
Für mich waren es, ohne jetzt hier einen auf „Ultra Gutmensch“ zu machen, 2 tolle und nette Stunden in einer nunmehr nicht ganz so fremden Welt. Auch ich bin kein Fan der momentanen Flüchtlingspolitik. Jedoch denke ich, dass wir uns mit der Gegebenheit auseinandersetzen müssen und versuchen sollten, das Beste daraus zu machen. Ich empfehle wirklich jedem, einfach mal selbst vor bei zu schauen!
Traut Euch. 
Danke an Ahmad, Jan, Raymon und Anwr und alles Gute!
 
Foto: privat dieser Tage mit Ahmad, Raymon, Anwr, Margitta und Jan Mächtig
 
#Bernau #Flüchtlinge #Barnim #Waldfrieden #BernauLIVE

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